May 09, 2011

Theatertreffen 2011 - Anton Tschechow: Der Kirschgarten, Schauspiel Köln (Regie: Karin Henkel)

Der Kirschgarten als Zirkus - eigentlich eine hübsche Idee. Das zeitlich begrenzte Paralleluniversum als Sinnbild fü+r die Scheinwelt, das lägst Verlorene, dessen Nichtexistenz nicht eingestanden, nicht akzeptiert werden kann, ohne den eigenen Lebensentwurf, das Selbstbild, das gesamte Existenzgebäude in Frage stellen hzu müssen. Dunkel ist der Manegensand, verbrannte Erde, in der Mitte ein kleines rundes drehbares Podest, umgeben von billigen Lämpchen. Ein schäbiger Rest des vergangenen Glanzes.

Wie gesagt eine hübsche Idee. Ebenso plausibel wie die, Teschechows letztes Stück mit seinem Autor als Komödie zu begreifen. Genug Potenzial bieten die Virtuosen des Scheins in all ihrer Lächerlichkeit. Die Fallsüchtigen, immer wieder zu leblosen Puppen Erstarrenden, auf dem Podestchen ihre letzte Rolle spielenden. Hyperaktive Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen sind sie alle, kindisch in ihrer Realitätsverweigerung.

Der Kirschgarten als Farce, so suggeriert der Beginn, und er deutet auch an: Das kann funktionieren. Tut es aber nicht, weil Regisseurin Karin Henkel ihrer Idee nicht so recht traut. Nie treibt sie das Absurde, Lächerliche auf die Spitze, ins Extrem, immer bleibt sie und mit ihr die Inszenierung auf halber Strecke stehen. Und so mischt sich in die grellen farcenhaften Töne immer wieder auch diese bekannte Melancholie, die man mit Tschechow zu assoziieren gelernt hat, doch auch sie wird immer wieder abgewürgt, gestoppt von neuem Klamauk, neuer Überdrehtheit, Geschrei, Augenrollen oder Gesten, welche die eigene Überzogenheit allzu plakativ betonen.

Die ruhigen ernsten Zwischentöne und das laute zu gewollt Komödiantische: Sie kontrastieren einander nicht, sie heben sich eher auf in einem immer stärker zu vernehmenden Gähnen. Es ist Tschechows Stück, das sich da langweilt, das verärgert wirkt ob der Unentschiedenheit dieses Abends, der nichts ist, weil er zuvieles sein will. Auch die Komik zündet nicht, denn sie hat genausowenig Raum zum Atmen wie der ernste Hintergrund einer Gesellschaft, die sich gegen ihre Abschaffung nicht wehrt, sondern diese einfach nicht wahrnimmt, nicht wahrnehmen will.

Es gibt wunderbare Momente an diesem Abend, komödiantische wie solche voller Traurigkeit, doch sie vergehen, werden jäh beendet, bevor sie sich entfaltet haben. Und so läuft der Abend im Kreise, wie es seine Protagonisten immer wieder tun, ein plumpes Bild für eine totgelaufene Gesellschaft. Und wenn sie am Ende immer wieder von einer Seite auf die andere rennen und wieder zurück, wenn sie dabei "Auf in ein besseres Leben!" brüllen, dann ist das so blutleer und anstrengend wie der ganze Abend.

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