May 28, 2010
Theatertreffen der Jugend - Parese, Marienschule und KRESCHtheater, Krefeld
Die Handlung wird angedeutet und fragmentarisch durchprobiert. Die großen Monologe werden, sinnentleert, zur Farce, das Finale zum ironischen Tanztheater. Über Texte aus Müllers "Hamletmaschine" tasten sich die Spieler langsam vor zu Shakespeare. Mit vollem Körpereinsatz bis hin zur Bodenakrobatik. Die Hamlets werden zu Claudius, dem Geist, die Ophelias zu Gertrud, gar Polonius. Rollen wechseln schnell und spielerisch,es ist ein Abtasten und Austesten der alten Geschichte, der Texte, man probiert aus, um zu sehen, was passt, was hängen bleibt.
Das Rachemotiv bleibt fremd, bleibt Spiel, die Energie - Parese bedeutret Erschlaffung - reicht nicht aus, die Motivation erst recht nicht. Da sind die modernen Hamlets gar nicht so weit von Shakespeares Held entfernt. Und so bleibt die Liebesgeschichte oder eher das Liebesspiel, auch dies ein Ausporobieren von Rollen, Verhaltensmuster, abgeschauten Versatzstücken. Ophelia ist es, die die Inistiatve ergreift und Ophelia ist es, die am Ende bleibt.
Die Hamlets tragen schwarz, die Ophelias weiß, schwarz ist auch die Bühne, rot die Tische, die immer wieder zu neuen Anordnungen auf- und ausgestellt werden. Der Abend ist vielseitig, Elemente des Tanztheaters finden sich ebenso wie Pantomimisches und sogar einaugenzwinkerndes Andeuten von Puppenspiel. Mal bilden die Spieler einen Chor, mal übernehmen sie abwechselnd Teile einer Replik, mal werden sie individuelle Figuren, spiel mit- und zum Teilauch gegeneinander.
Dabei finden sie immer wieder eindrucksvolle, meist äußerst dynamische Gruppenbilder, die virtuose Darstellung vom Tod des Königs und der Heirat des mörderischen Bruders, das furiose Finale oder das pantomimische Feuerwerk hinter einer Wand aus Tischen seien hier genannt.
Natürlich gelingt nicht jedes Detail, manches geht ins Leere, bei anderem dominiert der Einfall, der Effekt. Und doch bleibt am Ende eine frische, originelle, fragmentarische aber recht stringent konzentrierte Auseinandersetzung, die den bekannten Stoff dekonstruiert und neu zusammensetzt, dabei aber nicht zerstört. Ein durchaus spannender und zum Teil äußerst witziger Blick auf Hamlet.
May 27, 2010
Theatertreffen der Jugend - Aussteigen auf freier Strecke, Junges DT Berlin
Herausgekommen ist eine Art Arbeitssituation: Die Jugendlichen an einem Tisch, mit allerlei Untensilien, ein Telefon, ein Overheadprojektor, hinter ihnen eine Videowand. Es ist eine Mixtur, eine Collage vielleicht, aus nachgespielten Interviewtexten der Befragten, szenischen Sketchen, Gesagseinlagen - und immer wieder Telefongesprächen: Da erklärt eine Ost-Mutter ihrer West-Tante durch die Blume, dass sie gern ganz andere Dinge im Westpaket hätte, da ruft ein schäbischer Lastwagen-Fahrer Stasi-Chef Mielke wegen irgend einer Lieferung an. Überhaupt Mielke, Fast schon obsessiv findet er immer wieder den Weg in das Spielgeschehen.
Ein Spielgeschehen, das pendelt zwischen Klamauk und berührenden Lebensgeschichten , zwischen kaum ironisch gebrochenen Klischees und unaufdringlich und ohne Druck auf die Tränendrüse inszenierten Schicksalen, zwischen ernsthafter Auseinandersetzung und oberflächlichem Stammtischwitz. Eine Blance findet das Stück dabei nicht, vielmehr zerfasert es zusehends, zumal eine Struktur nur in Ansätzen erkennbar ist. Das wird am Ende zur Nummernrevue, ohne roten Faden, bei dem sich die unterschiedlichen Farbtöne nicht gegenseitig akzentuieren, sondern eher neutralisieren.
Und so bleibt letztlich ein gutes Stück Beliebigkeit und die Erkenntnis, vielleicht auch für die jugendlichen Akteure selbst, dass diese Auseinandersetzung mit dieser fremden Welt schwerer ist als geglaubt.
May 25, 2010
Theatertreffen der Jugend - Zu schön für diese Welt, Spielclub U22 des Theaters Baden-Baden
Das Timing des Theatertreffens der Jugend ist ideal: Direkt im Anschluss an das "große" Theatertreffen bietet es Gelegenheit zum Aufatmen, für frische Ideen und Perspektiven jenseits der üblichen Theatermaschinerie. "Zu schön für diese Welt" ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel: 20 Jugendliche in 20 Badezimmern (wunderbares Bühnenbild: Britta Langank), die Räume identisch und doch so unterschiedlich in Farbe, Duschvorhang, Wanddekoration, die Jugendlichen sich zurechtmachend. Für wen? Ein Mädchen? Sich selbst?
Es geht um Schönheit, Schönheitsideale, Normen, den Druck der Gesellschaft, perfekt zu sein, den eigenen Druck auch. Die Monologe haben die Darsteller selbst erarbeitet und so bleibt keiner in diesen viel zu kurzen 45 Minuten konturlos. Jeder steht für einen Typ: Da sind die Pummelige, die Selbstsichere, die Esoterischem die Sportliche, die Schöne, der Coole, der (Möchtegern-)Frauenheld, der Penible, der Spießer, der Kindische, der Schüchterne, der gern ein Surfer wäre.
Und doch ist nicht alles nur Spaß, brehen Unsicherheiten hervor, Ängste nicht genügen zu können, nicht schön, nicht perfekt genug zu sein, aus dem Rahmen zu fallen, Erwartungen nicht zu erfüllen. Ja, auch im Coolsten steckt ein Schüchterner, der nicht genau weiß, was er tun soll und wie.
Das ist durchaus originell, oft sehr komisch, vor allem wenn der Schönheitswahn groteske Blütentreibt: der Möchtergern-Beach-Boy, der sich bis zu Unkenntlichkeit mit Selbstbräuner einreibt, oder das Mädchen, das nur blau trägt, nicht weil es ihr gefällt, sondern weil so alles zu einander passt und die sich am Ende selbst das Gesicht blau färbt.
Der Abend ist erstaunlich sicher strukturiert, er hat einen fein austarierten Rhythmus, der keinen Stillstand zulässt, die Repliken, wechseln sich virtuos ab, mal im Schnellfeuermodus, mal ausschweifender, keiner pausiert und doch gibt es kein Durcheinander. Chorszenen, Standbilder, Zeitlupenaufnahmen bilden den Rahmen, den Kitt, der das Ganze zusammenhält. Ein sehr lebendiger, leichtfüßiger Abend mit einem grandiosen Ensemble, lustvoll, authentisch, optimal eingespielt. Ein frischer Luftzug nach dem schweren und düsteren Krisendiskurs des Theatertreffens.May 24, 2010
Theatertreffen 2010 - Elfriede Jelinek: Die Kontrakte des Kaufmanns, Thalia Theater Hamburg / Schauspiel Köln (Regie: Nicolas Stemann)
Jelinek hat in ihrem Stück, oder besser ihrem Textmonolith, mehrere österreichische Bankenskandale verarbeitet, die der globalen Finanzkrise noch vorangingen, und den Text setdem mehrfach ergänzt. Ein Work in Progress, fast eine Art Echtzeittheater, das ver-, er- und aufgearbeitet sein will, so wie es selbst ver-, er- und aufgearbeitet, nämlich die Sprache des Finanzsystem, die Sprache und Logik des Geldes. Eine Expedition in eine unbekannte (Parallel-)Welt, die unsere so zu dominieren scheint und vielleicht realer ist, als das, was wier Wirklichkeit nennen.
Es ist eine Arbeitssituation, so dass neben den Schauspielern und Musikern auch der Regisseur selbst auf der Bühne steht, ebenso der Dramaturg aber auch Videokünstlerin Claudia Lehmann, bis hin zur Souffleuse und dem Kabelhalter für die Videokamera. Ein Arbeitsprozess auch, bei dem die Türen offen bleiben, der Zuschauer kommen und gehen darf. Ein Counter zeigt, wie viele Seiten Text noch folgen.
Wenn auch viel mittlerweile feststeht, mehr als noch bei den improvisierteren Premieren in Köln und Hamburg, so bleibt dieses Sich-am-Text-Abarbeiten nach wievor Grundmotiv der Aufführung wie des Stückes. Denn schon Jenlineks Text ist Forschungsarbeit, Expedition in eine unbekannte Welt. Denn wo in Brechts Heiliger Johanna der Schlachthöfe (von Stemann selbst kürzlich nicht ohne Erfolg inszeniert) der Umweg über Figuren genommen wird, spricht hier das Geld selbst. Die auftretenden Menschengruppen, Banker und Anleger, sind nur noch Akteure, Agenten des Geldes, der Gier.
Es sind sprachmächtige Texte, voller Anspielungen, Wortspiele, Wiederholungen, Redundanzen, fast obsessiv erscheinender Arbeit an, mit und gegen die Sprache. Und so wie der Text die Sprache des Geldes und ihre eigene Logik, erarbeit, tut es auch die Aufführung. Da wird der Text vorgelesen, die eine oder andere Szene gespielt, da gibt es Spechchöre, da wird mit Musik gearbeitet, einzeln (Stemanns wunderbare Adaption von Falcos Jeannie auf die Lehman-Bank) oder choral, und auch Live-Video spielt eine wichtige Rolle (gipfelnd in einer grandiosen Projektion von Darsteller-Gesichtern auf weiße Ballons).
Alles wird aufgeboten, alles wird versucht, sich diese Welt, diesen Text, diese Sprache zu erarbeiten. Das ist zuweilen grotesk, nicht selten komisch, das hat tragische Momente und gerät streckenweise zur Nummernrevue. Das Ergebnis ist überraschend: Jelineks sperriger Text wird lebendig, unterhaltsam ist das allemal. Und so bleibt ein erstaunlich kurzweiliger Abend, der die Zwanghaftigkeit des Geldmarktes ebenso beleuchtet wie die eigentümliche, aber durchaus zwingende und nachvollziehbare Logik des Geldes. Doch wo Jelinek pessimistisch wertet, beschreibt Stemann, zeigt auf, macht lebendig. Ein außergewöhnlicher Theaterabend, der das Theatertreffen-Publikum völlig zu Recht begeisterte.
May 22, 2010
Theatertreffen 2010 - Roland Schimmelpfennig: Der goldene Drache, Burgtheater (Akademietheater), Wien (Regie: Roland Schimmelpfennig)
Themen, die schon eine gewisse Schwere mit sich tragen, zumal die Dialoge, oder besser der den Figuren in den Mund gelegte Text, nicht zu sen Stärken des Stücks gehören, ebenso wenig wie die Geschichte selbt, würde man sie linear erzählen. Da ist er wiede, der elende Arme, der vom System, in dem er lebt, leben muss, niedergedrückt wird. Da ist der moderfne mensch, unfähig der Bindung, allein gelassen von allen, dessen einziges Ventil die Gewalt gehen die Mittel- und Rechtlosen. Das ist nicht originell, zeitweise ermüdend, zum Teil sogar ärgerlich plump, wie der alte Mann, der lamentiert, er möchte wieder jung sein.
Was Stück und Inszenierung davon abhält, sind mehrere Faktoren. Einiges ist bereits vom Autor angelegt: So elerbt hier die Brechtsche Verfremdung eine Renaissance. Die Darsteller sprechen nicht nur den Text der Figuren, sondern auch die regieanweisungen, sie beschreiben die Szene und den Ort, erzählen Teile der Handlung. Das schafft eine gewisse Distanz, bricht die Schwere des Dargestelten ironisch und nimmt jeden Zwang zum Realismus. Auch der schnelle Szenenwechsel, die fragmentarische Form der Szenen sorgt für Brüche, die Raum für Reflexion und Interpretation geben. Die virtuos eingebundene Parabel von der Grille und der Ameise tut ein Übriges.
Auch der Regisseur Schimmelpfennig leistet seinen Beitrag: Er inszeniert das Stück leicht, spielerisch, gibt seinem großartigen Ensemble Raum zum lustvollen Spiel, auch zur Karikatur. Jedem der fünf Darsteller sind mehrere Figuren zugeordnet, der Rollenwechsel geschieht mittels simpler Accessoires, auch dies immer wieder ein Anlass für Gelächter.Es ist eine Versuchsanordnung, eine Abfolge von Experimenten, mit Experimentierenden, denen man den Spaß ansehen kann.
Und doch bleibt ein zwiespältiger Eindruck. Das schwere, ernste, humorlose Sujet, die zum Teil schmerzhaft platten Klischees - sie passen nicht so recht zur handwerklich perfekten und äußerst unterhaltsamen Machart der Inszenierung. Denn diese nimmt dem Stück nicht nur den erhobenen Zeigefinger und den bitteren Ernst, sie neutralisiert diese. Und so fragt sich der Zuschauer am Ende, wo denn der Erkenntnisgewinn liegtnach diesen durchaus äußerst unterhaltsamen und kurzweiligen eineinhalb Stunden.
Und so bleiben vielleicht nur einzelne Momente und Bilder, die die polierte Oberfläche durchbreche. Der verlorene Blick der von der Ameise misshandelten Grille, die Stewardess, die den in ihrer Suppe gefundenen Zahn in den Mund nimmt, um irgendeine Form von Nähe zu spüren, der berührende Monolog des toten Chinesen über seine Heimreise. Vielleicht ist das auch gar nicht so wenig.
May 20, 2010
Theatertreffen 2010 - Ettore Scola, Ruggero Maccari: Die Schmutzigen, die Hässlichen und die Gemeinen, Schauspiel Köln (Regie: Karin Beier)
Es ist eine voyeuristische Situation, in die uns Karin Beier bringt. Wir schauen durch das Fenster Menschen beim Leben zu. Es ist ein trostloses Leben, Menschen, die einander wehtun, unfähig oder unwillig zu kommunizieren, ein brutaler, alles unterdrückender Patriarch, hoffnungslose, resignierte Menschen, abgestumpft die meisten, hilflos die anderen.
Mitleidlos war der Blick, en Ettore Scola in seinem Film von 1976 auf das römische Subproletariat warf und mitleidlos ist auch diese Anordnung. Und gerade das macht sie so stark: Der Zuschauer kann sich nicht verstecken hinter Mitleid, sozialen Erklärungsmustern, solidarischer Verbrüderung mit den Geknechteten. Er muss zusehen mit mehr als einem unwohlen Gefühl. Da ist Erschrecken, aber auch Abscheu, Verachtung, aber auch Schuld. Und der Verdacht, das nicht sehen zu dürfen. Der Zuschauer als Voyeur, als Mitwisser. Das zwingt zum Hinsehen, zum Hinterfragen von Gewissheiten, Vorurteilen, Pauschalisierungen. Hartes, ehrliches Gesellschaftstheater ohne jede Art von Betroffenheitskitsch.
Und das obwohl sich Beier kurze Brüche erlaubt: der Tschechow lesende und zu Patti Smith tanzende Transvestit, die begehrt sein wollende Alte, das von niemandem beachtete Mädchen mit dem Plüschmeerschwein, die choreogrfierten Szenen der Verzweiflung, des Sehnens und der Gier. Sie lassen das Elend, das materielle wie das mentale, nur um so stärker heraustreten.
Aber was wird hier eigentlich gezeigt: die Realität, wie sie ist? Oder ist es nicht ehere eine Anordnung aller Klischees über die "Unterschicht"? Eine Projektion unserer Vorstellungen und Vorurteile, eine Reflexion eher über unsere Wahrnehmung dieser Menschen, als eine Darstellung dieser selbst? Auch das ist bei Scola angelegt: Attackiert dieser die romantisierende Darstellung der edlen Armen, die seit dem Neorealismus das italienische Autorenkino beherrscht hat, bringt Beier hier alle Klischees zusammen, von denen wir glauben, das sie auf das Prekariat zutreffen. Auc dies ist eine Abrechnung mit vorherrschenden Erklärungsmustern, wie schon bei Scola.
Doch das kleine Theaterwunder, das diese Inszenierung ist, endet nicht hier: Obwohl die Figuren zwei Stunden fast ununterbrochen reden, bekommt der Zuschauer kaum etwas zu hören. Die Fenster sind schalldicht, nur wenn jemand brüllt, dringt ein leiser Rest nach außen. Oder ein dumpfes Grollen schwerer Fußschritte. Das alles verstärkt den Eindruck des verbotenen Zuschauens.
Es erreicht aber noch etwas anderes: Es verändert die Wahrnehmung des Publikums. Es hört mit den Augen. Gesten, Bewegungen, Blicke, unsichtbare Worte erzählen das nicht Gehörte, der Blick ändert sich. Jedes Geräusch, Wortfetzen bei offener Tür beispielsweise oder das in die Wanne laufende Wasser gewinnen eine überproportionale Bedeutung. Die Stille schärft die Sinne des Zuschauers, der plötzlich auf Details achtet, die er sonst übersehen hätte.
Und auch das Publikum selbst, ohnehin in einer zwiespältigen Rolle, tritt ins Geschehen. Jedes Husten, jedes Lachen, jede Fuß- oder Stuhlbewegung hallt durch den stillen Raum und wird Teil des Erlebens. Die Voyeure machen sich bemerkbar. Die Illusion unbemerkt und unbeteiligt zuzusehen, lässt sich nicht aufrechterhalten.
Karin Beier ist mit dieser bemerkensweten Inszenierung etwas gelungen, was Kritiker wie Theaterbesucher so häufig fordern: Theater, das die Augen öffnet. Und das im Wortsinn.
May 19, 2010
Samuel Beckett: Krapp's Last Tape, Gate Theatre, Dublin (Director: Michael Colgan)
This Krapp is staged with a tenderness that does not deny the desperation and hopelessness, but avoids the sentimentality that endangers his dignity. Gambon's Krapp accepts that there is nothing left for him, but he is a t peace with himself, resigned to his fate but not dead inside. A deep exitentialism, softened with an earnest humanism flows through this production which is straightforward, simplistic even, and because of this stronger than many others. This is the way it is, it tells us, and the only thing we can do, is accept it with heads held high. Don't fight our demons, especially those brought on by memory, but accept them into our lives.
Krapp has never been more honest and thereform never more touching than in this remarkable Gate produktion.
May 18, 2010
William Shakespeare: Macbeth, Abbey Theatre, Dublin (Director: Jimmy Fay)
In its best moments this is uninspired and boring, in its worst ist ridiculous and bland. The most violent scenes are enacted behind a screen and lead to laughter. When the "action" shifts to England, this is announced by playing the song Jerusalem and Malcolm and Fleance having a picnic and practising cricket moves. This is the creative level Jimmy Fay brings to the play. One may have thought, there could never be such a thing as a boring Macbeth. This much Jimmy Fay has achieved.
May 17, 2010
Edward Bond: Gerettet, Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin (Regie: Benedict Andrews)
Um so brutaler brechen die Wolken herein, um so drastischer ist der Bruch, wenn aus Unschuld und Hoffnung Apathie, Abstumpfung, Verzweiflung wird, die sich in blindem Hass entlädt. Dass der Abend über weite Strecken funktioniert, ist der urückhaltenden Regie Andrews ebenso zu verdanken wie den starken Darstellern. allen voran die Pam der Marie Rosa Titjen, schwankend zwischen rebellischer Neugier und verzweifelter Hilflosigkeit, und Stefan Sterns Lenny, schüchter, hilflos, auf der Suche nach Geborgenheit, ein tastender Blinder, der am Ende in Regungslosigkeit erstarrt. Auch das Elternparr, Steffi Kühnert und Thomas Bading, überzeugen zwischen Clownerie undhasserfüllter Leere.
Leider hält Andrews die Leichtigkeit nicht durch und das zeigt sich vor allem in der Schlüsselszene, in der Pams Baby aus Langeweile zu Tode gefoltert wir und die damals zum Verbot führte. Plötzlich setzt eine aufdringliche Lichtregie ein, erhält die Szene eine starre Choregrafiert, wird mit Verlangsamen und Standbildern gearbeitet. Dies soll die Szene abheben und das tut es, aber wohl nicht wie intendiert. Der plötztliche Aufwand rückt das geschehen weit weg vom Zuschauerund minimiert die Wirkung. Der Fluss ist gebrochen, die Charaktere ebenso, die Fäden kommen nicht mehr zusammen, die Dramaturgie fragmentiert sich. Plötzlich findet sich der vorherige Rhythmus nicht wieder. Das ist folgerichtig, schließlich sind auch die Charaktere nach diesem Grenzübertritt nur noch Fragmente. Und doch ist diese Szene ein Fremdkörper, gegen den der rest der Inszenierung ankämpft.
May 04, 2010
Dea Loher: Das letzte Feuer, Thalia Theater Hamburg / Deutsches Theater, Berlin (Regie: Andreas Kriegenburg)
Sie alle schleppend ein Trauma mit sich herum, die meisten mehrere. Sie bewegen sich, taumeln zwischen Schuld und Verzweiflung, Trauer und Wut. Dabei ist Lohers Theater kein Handlungstheater. Ihr Aktionsraum ist die Sprache. Das Stück wechselt zwischen Erzählung und Spiel, zwischen Erinnertem und vermeintlicher Gegenwart. Hauptakteur ist die Vergangenheit, alles ist schon geschehen, die Figuren fest in ihrem Griff.
Im Gegensatz zu ihrem letzten Stück "Diebe" ist der Schmerz, ist das Leid hier unverdünnt, es gibt kein Gegengewicht. Das ist die Stärke des Stückes: eine Inensität des Leidens, die ihr Bild in dem trostlosen Hamsterrad findet, in das Kriegenburg und Bühnenbildnerin Anne Ehrlich die ziel-, rast- und hilflos hin- und herlaufenden Figuren gesperrt haben und das nach und nach auch den Zuschauer hineinzieht, ein Sog des Leids, der kein Entrinnen zulässt.
Hier liegt aber auch die Schwäche: Das Stück und mit ihm die Inszenierung ist ein Strudel des Leids, des Schwerzes, der Verzweiflung, der von Beginn an nichts anderes zu lässt. Die Figuren werden letztlich austauschbar, Abziehbilder des Schmerzes, und mit ihnen die Gründe des Leids. Krankheit, Verlust, Schuld - alles wird zu einem Leidensbrei, jenseits dessen es kein Glück, keine Freude, ja keine Hoffnung gibt und geben darf.
Und so hilft auch ein großartiges Ensemble (allen voran die herausragende Katharina Matz - als Mutter mit Alzheimer die einzig würdevolle Figur) nicht gegen den Eindruck, ein plakativ einseitiges Schmerzensszenario vor sich zu haben, das am Ende nur noch anstrengt und jeden Erkenntnisgewinn in Düsternis erstickt.
May 02, 2010
Bertolt Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe, Deutsches Theater, Berlin (Regie: Nicolas Stemann)
So nutzt Stemann Brechtsche Techniken, um sich dem Kern seiner "Johanna" zu nähern. Schon der Beginn zeigt das: Drei Stühle, darauf Schauspieler mit Textbüchern in der Hand, diebeginnen, den Text zu rezitieren. Dabei kommt es zum Streit um die Rollen: Jeder will Mauler sein, da kann es schon handgreiflich werden. Wer es zum Mikrofon schafft, hat gewonnen, wenn auch nur kurz. Hier wird verfremdet, was das Zeug hält, lautet die Botschaft.
Auch Brechts Vorliebe, Botschaften in Songs zu packen, greifen Stemann und sein Komponist Thies Mynther auf, mit Hilfe gar eines zwanzigköpfigen Chors. Wie oft bei Brecht sorgt die Musik für Struktur und Rhythmus des Stücks. Auch der Einsatz von live erstellten Videos zur Illustration ist in Brechts Sinne, neigte er doch durchaus zum Plakativen.
Stemann dekonstruiert Brecht also nicht, er überträgt Brecht mit Brecht. Das ist kein Naturalismus, Figuren entstehen, lösen sich auf, multiplizieren sich. Da wechseln die Maulers oder sind plötzlich drei, da wir die Arbeiterwitwe zum kommunistischen Agitator, oder einer der Maulers zum Missionar oder zum egoistischen Arbeiter. Das immer wieder behauptete Gegeneinander von Arm und Reich, Oben und Unten wird gleichzeitig aufgelöst und bestätigt. Immer rasanter wandelt sich das flexible Bühnenbild, Orte wie Menschen werden austauschbar und erhalten dann doch wieder ihren festen Platz.
Spätestens hier trennen sich Stemanns und Brechts Wege und beantwortet sich die Ausgangsfrage: Brecht sieht im Duell von Maulers profitgetriebenem Opportunismus und Johannas christlich grundiertem Moralismus eine dritte Kraft, einen möglichen Ausweg: den Aufstand der Unterdrückten, die - kommunistische - Umwälzung der Verhältnisse.
Bei Stemann gibt es diese Gewichtung nicht: Alle Wahrheiten sind gleich viel oder gleich wenig wert: Maulers, Johannas, die der Kommunisten. Das entwertet sie nicht, im Gegenteil. Antworten kann keiner geben und so endet das Stück in Johannas ebenso überraschtem wie ratlosem "Huch". Antworten auf die Krise, so sagt uns Stemann, kann Brecht vielleicht nicht geben, er kann aber - vielleicht - helfen, die richtigen Fragen zu stellen. Und das ist ja auch schon eine Menge wert.
May 01, 2010
Dennis Kelly: DNA, Deutsches Theater (box+bar), Berlin (Regie: Annette Pullen)
Der Beginn ist stark, das tödliche Spiel mit Adam, dem Opfer, hervorragend choreographiert, ein brutaler, zynischer Tanz, der in Erstarrung endet, Adam steigt aus, die Zeit hält an. Danach vergibt Kelly jedoch die Chance, ein eindringliches Stück über Machtverhältnisse, Gruppendynamik, Mitläufertum, Feigheit und Angst zu schaffen. Was die Schuld den Schuldigen antut, bleibt Skizze, Andeutung, die Figuren werden nicht ausgearbeitet, sie bleiben Schemen, Typen im besten Fall. Die Darsteller machen das beste daraus, überzeichnen ein wenig, um den mageren Gehalt der Figuren sichtbar zu machen, doch was Bewegung, Entwicklung, Krise sein sollte, bleibt seltsam statisch.
Die stärksten Momente sind die stillen, in denen Pullen und ihr Ensemble ohne Kellys Text auskommen. Wie hier Angst und Hilflosigkeit, Schuld und Freude an Gewalt und Erniedrigung choreographiert wird, deutet an, wieviel mehr in diesem Stoff gesteckt hätte. Diese Momente machen ein Versprechen, das Kellys Stück nicht einlöst.