Am Ende schließt sich ein Kreis: Begann das Theatertreffen mit "Revolution Reloaded", einem Versuch über Schillers "Räuber", nimmt es die Abschlussinszenierung "Parese" mit niemand geringerem auf als Hamlet. Doch Hamlet will nicht mehr, "mein Drama findet nicht mehr statt", sagt er mit Heiner Müller. Nein, nicht er, sie: Vier Hamlets stehen da auf der Bühne und zwei Ophelias. Und nein, es ist auch nicht mehr Hamlets Drama, sondern Ophelias, sie zieht, pardon, ziehen die Fäden, sie verführen - oder zwingen? - die Jungs zum Spielen.
Die Handlung wird angedeutet und fragmentarisch durchprobiert. Die großen Monologe werden, sinnentleert, zur Farce, das Finale zum ironischen Tanztheater. Über Texte aus Müllers "Hamletmaschine" tasten sich die Spieler langsam vor zu Shakespeare. Mit vollem Körpereinsatz bis hin zur Bodenakrobatik. Die Hamlets werden zu Claudius, dem Geist, die Ophelias zu Gertrud, gar Polonius. Rollen wechseln schnell und spielerisch,es ist ein Abtasten und Austesten der alten Geschichte, der Texte, man probiert aus, um zu sehen, was passt, was hängen bleibt.
Das Rachemotiv bleibt fremd, bleibt Spiel, die Energie - Parese bedeutret Erschlaffung - reicht nicht aus, die Motivation erst recht nicht. Da sind die modernen Hamlets gar nicht so weit von Shakespeares Held entfernt. Und so bleibt die Liebesgeschichte oder eher das Liebesspiel, auch dies ein Ausporobieren von Rollen, Verhaltensmuster, abgeschauten Versatzstücken. Ophelia ist es, die die Inistiatve ergreift und Ophelia ist es, die am Ende bleibt.
Die Hamlets tragen schwarz, die Ophelias weiß, schwarz ist auch die Bühne, rot die Tische, die immer wieder zu neuen Anordnungen auf- und ausgestellt werden. Der Abend ist vielseitig, Elemente des Tanztheaters finden sich ebenso wie Pantomimisches und sogar einaugenzwinkerndes Andeuten von Puppenspiel. Mal bilden die Spieler einen Chor, mal übernehmen sie abwechselnd Teile einer Replik, mal werden sie individuelle Figuren, spiel mit- und zum Teilauch gegeneinander.
Dabei finden sie immer wieder eindrucksvolle, meist äußerst dynamische Gruppenbilder, die virtuose Darstellung vom Tod des Königs und der Heirat des mörderischen Bruders, das furiose Finale oder das pantomimische Feuerwerk hinter einer Wand aus Tischen seien hier genannt.
Natürlich gelingt nicht jedes Detail, manches geht ins Leere, bei anderem dominiert der Einfall, der Effekt. Und doch bleibt am Ende eine frische, originelle, fragmentarische aber recht stringent konzentrierte Auseinandersetzung, die den bekannten Stoff dekonstruiert und neu zusammensetzt, dabei aber nicht zerstört. Ein durchaus spannender und zum Teil äußerst witziger Blick auf Hamlet.
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