April 25, 2010

Friedrich Schiller: Maria Stuart, Deutsches Theater, Berlin (Regie: Stephan Kimmig)

England als eine Art Bungalow, luftig und doch karg und streng umfasst er Marias Kerker wie Elisabeths Palast. Er ist beider Gefängnis, ein Entkommen nicht möglich, nicht für die machtlose Gefangene und nicht für die mächtige Herrscherin. Schiller hat sein Drama als Plädoyer für die Freiheit angelegt, Stephan Kimmig reduziert es auf ein Kammerspiel über Einsamkeit und die Macht der Angst.

2007 hatte die Inszenierung in Hamburg Premiere, 2008 war sie zum Theatertreffen eingeladen, jetzt hatte sie am deutschen Theater Premiere. Mit einer gewichtigen Änderung: Anstelle von Paula Dombrowski steht jetzt Katharina Marie Schubert als Elisabeth auf der Bühne. Sie spielt die Königin als eine ständiger Spannung ausgesetzte Frau, stets kurz vor dem Zerreißen, wechselnd zwischen nervöser Überspanntheit und um sich schlagender Agression. Das ist teilweise an der Grenze zur Karikatur, und doch kippt es nie ganz ins lächerliche, denn die Angst, die sie treibt, ist nie weit von der Oberfläche.

Susanne Wolff als Maria ist eine Resignierte, die ihre Würde zu bewahren sucht, und trotzdem zum Spielball zwischen Angst und Hoffnung wird. Die Angst treibt sie in die Verzweiflung und häufiger noch in die Abstumpfung, die Kapitulation.

Angst ist das zentrale Handlungsmotiv und ihre Angenten sind Männer: Elisabeths Staatsrat ebenso wie der Möchtergern-Retter Mortimer. Sie sind weniger eigenständige Figuren als Repräsentanten verschiedener Tendenzen und Interessen, die auch in den Protagonistinnen aktiv sind.

Das Drama spielt sich in und zwischen den beiden Königinnen ab und es ist ein Drama der Einsamkeit. Ob Gefangene im Kerker oder von rivalisierenden Hofschranzen umgebene Königin: Einsamkeit umgibt beide in dieser sachlichen, kalten Welt. Und hier hat auch die Angst ihren Ursprung, die Elisabeth zur Mörderin werden lässt und zu einer, die andere für ihren Mord bluten lassen wird. es ist die Angst, allein gelassen zu werden von und in der Welt, eine existenzielle Angst, eine Angst vor der Auslöschung.

Und so triumphiert am Ende weder die siegreiche Elisabeth noch die gottergebene Maria. Burleighs Lachen, als er von Elisabeth zum Sündenbock gemacht wird, fasst es zusammen: Er, der Diener und Agent der Angst, ist der Gewinner, denn Elisabeth ist fest in ihrem Bann.

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