May 04, 2010

Dea Loher: Das letzte Feuer, Thalia Theater Hamburg / Deutsches Theater, Berlin (Regie: Andreas Kriegenburg)

Die Bühne: eine kreisrunde Anordnung schäbiger, verlebter Räume, fast den ganzen Abend rotierend. Darauf die Figuren: von einem Zimmer in das nächste laufend, Türend öffnend und schließend, zuletzt auch zudrückend. Alles ist hier ständig in Bewegung, aber alle Bewegung geschieht sich im Kreis. Ausweglose, Versehrte, sie alle: ein aus dem Krieg zurückgekehrter Soldat, ein Paar, deren Kind tödlich verunglückt ist, eine Polizisten, die das Kind überfuhr, ein Autodieb, der vor der Polizistin floh und den Unfall verursachte, eine Frau, die der Krebs beide Brüste nahm.

Sie alle schleppend ein Trauma mit sich herum, die meisten mehrere. Sie bewegen sich, taumeln zwischen Schuld und Verzweiflung, Trauer und Wut. Dabei ist Lohers Theater kein Handlungstheater. Ihr Aktionsraum ist die Sprache. Das Stück wechselt zwischen Erzählung und Spiel, zwischen Erinnertem und vermeintlicher Gegenwart. Hauptakteur ist die Vergangenheit, alles ist schon geschehen, die Figuren fest in ihrem Griff.

Im Gegensatz zu ihrem letzten Stück "Diebe" ist der Schmerz, ist das Leid hier unverdünnt, es gibt kein Gegengewicht. Das ist die Stärke des Stückes: eine Inensität des Leidens, die ihr Bild in dem trostlosen Hamsterrad findet, in das Kriegenburg und Bühnenbildnerin Anne Ehrlich die ziel-, rast- und hilflos hin- und herlaufenden Figuren gesperrt haben und das nach und nach auch den Zuschauer hineinzieht, ein Sog des Leids, der kein Entrinnen zulässt.

Hier liegt aber auch die Schwäche: Das Stück und mit ihm die Inszenierung ist ein Strudel des Leids, des Schwerzes, der Verzweiflung, der von Beginn an nichts anderes zu lässt. Die Figuren werden letztlich austauschbar, Abziehbilder des Schmerzes, und mit ihnen die Gründe des Leids. Krankheit, Verlust, Schuld - alles wird zu einem Leidensbrei, jenseits dessen es kein Glück, keine Freude, ja keine Hoffnung gibt und geben darf.

Und so hilft auch ein großartiges Ensemble (allen voran die herausragende Katharina Matz - als Mutter mit Alzheimer die einzig würdevolle Figur) nicht gegen den Eindruck, ein plakativ einseitiges Schmerzensszenario vor sich zu haben, das am Ende nur noch anstrengt und jeden Erkenntnisgewinn in Düsternis erstickt.

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